Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder sie sterben, weil sie kein Geld zum überleben haben, oder sie werden hingerichtet, weil sie gegen das 3.000-Toman-Benzin protestieren!

2ndAug. × ’20
Es begann an einem Donnerstag im November. Am 14.11. um Mitternacht
stieg ohne vorherige Ankündigung und Information der Bürger auf
Entscheidung der Regierung von Hassan Rouhani der Benzinpreis im Iran
von 1000 Tomans auf 3000 Tomans pro Liter. Die Menschen im Iran waren
schon vorher durch Korruption, Ineffizienz und ausländische Sanktionen
vom Druck der gescheiterten Wirtschaft und der steigenden
Lebenshaltungskosten geschwächt. Diesmal wurde deutlich, dass es kein
Entkommen mehr vor dem Domino-Effekt geben würde, den der exponentielle
Anstieg der Benzinpreise auf ihr Leben haben würde. Die meisten Menschen
würden ärmer, ihr Leben härter werden. Menschen begannen, sich im
Internet und in sozialen Netzwerken auszutauschen. Jeder wusste, dass er
etwas tun und etwas sagen musste.

Viele schlossen sich für Demonstrationen zusammen. Sie streikten am
darauf folgenden Samstag auf den Straßen und Autobahnen, um gegen die
Entscheidung der Regierung, den Benzinpreis zu erhöhen, zu protestieren.
Menschen blockierten mit ihren Autos die Straßen und Autobahnen und
demonstrierten. Schon dieser einfache Schritt schien für die Islamische
Republik  nicht akzeptabel zu sein und die Repressionen begannen. Die
Repressionen, die die Menschen wütender machten und dazu führten, dass
die Proteste sich ausbreiteten. In den meisten Städten des Landes, von
Teheran, Karaj, Isfahan, Tabriz und Mashhad bis hin zu weniger
bevölkerungsreichen Städten und Provinzen, waren die Menschen wütend.
Nach und nach entstanden Bürgerproteste, Autos fuhren auf den Straßen
und hupten, Menschen demonstrierten und riefen Parolen. Die Situation
eskalierte weiter und die Regierung der Islamischen Republik
befürchtete, dass die Menschen sich über das Internet weiter
koordinieren und organisieren könnten. Deshalb unterbrach die Regierung
für 10 bis 14 Tage die Kommunikation zwischen dem Iran und dem Ausland
und machte internationalen Austausch damit unmöglich. Gleichzeitig wurde
gezielt auf die Demonstrierenden geschossen.

Das Innenministerium hat die genaue offizielle Zahl der Todesopfer aus
den Protesten im November noch nicht bekannt gegeben. Schätzungen
zufolge liegt die Zahl der Todesopfer jedoch zwischen 400 und 1.500.
Während der Proteste wurde eine große Anzahl von Menschen festgenommen,
die meisten davon unter 30 Jahren. Die Inhaftierten befinden sich seit
Monaten unter schlechten Bedingungen in den Gefängnissen der Islamischen
Republik und werden gefoltert.

Saeed ist erst 28 Jahre alt, aber im Gefängnis sind seine Haare weiß
geworden und seine Nase wurde gebrochen. Er leidet an einer
neurologischen Erkrankung und wurde wegen Moharebeh verurteilt. Das
bedeutet, dass er „Krieg gegen Gott und seinen Propheten geführt“ habe,
was als das größte Verbrechen im Iran gilt und mit dem Tod bestraft
wird. Sein Anwalt Mostafa Nili wurde daran gehindert, Saeeds Akte zu
lesen. Und natürlich ist Saeed nicht alleine. Zwei junge Männer unter 30
Jahren, Amir Hossein Moradi und Mohammad Rajabi, wurden wegen des
gleichen Vorwurfs zum Tode verurteilt. Ihre Anwälte sagen, dass die
Urteile selbst für den Iran unverhältnismäßig sind, da die drei niemals
eine Bank in Brand gesteckt oder öffentliches Eigentum beschädigt haben.
Ihre Geständnisse, die die Grundlage für die Verurteilung bilden, seien
durch Folter erwirkt worden und hätten damit keine rechtliche
Gültigkeit. Trotzdem wurden sie vom Gericht wegen "Verbindungen zu
bestimmten Gruppen im Ausland" und wegen "bewaffneten Raubes, Entführung
und Belästigung der Öffentlichkeit" angeklagt.

Der Angeklagte Amir Hossein Moradi hat ein Diplom in Informatik und war
vor seiner Verhaftung Verkäufer von Mobiltelefonen, Computern und
Software in
Teheran. Der zweite Betroffene, Mohammad Rajabi, hat ebenfalls ein
Diplom und arbeitete vor seiner Verhaftung  als Immobilienmakler. Der
dritte zum Tode Verurteilte, Saeed Tamjidi, studierte Elektrotechnik.
Sie sind normale Mitglieder der Gesellschaft und die Anschuldigungen
wurden ohne verwertbare Beweismittel erhoben.

Die Justiz hat Hossein Reyhani, einen weiteren Häftling der
Novemberproteste, ebenfalls wegen Moharebeh zum Tod verurteilt, nur weil
er eine Nachricht mit dem Inhalt "man hat die Bank in Brand gesteckt"
gesendet hat. Und noch schlimmer, ein weiterer Angeklagter namens Maziar
Ebrahimi hat vor einer Kamera unter Folter das falsche Geständnis
gegeben, eine Mitschuld an der Ermordung iranischer
Nuklearwissenschaftler zu tragen. Später stellte sich heraus, dass das
Geständnis inszeniert war. Die Folter war so schwerwiegend, dass er die
Islamische Republik zur Zahlung einer Entschädigung zwingen konnte.

Im Fall von Saeed Tamjidi und Mohammad Rajabi gibt es einen weiteren
traurigen Tiefpunkt: Die beiden waren zusammen mit einem anderen
inhaftierten Demonstranten namens Shima aus Angst vor der Todesstrafe in
die Türkei geflohen. Dort wurden sie verhaftet und einige Quellen
berichten sogar, dass sie sich mit UN-Beamten getroffen und Asyl
beantragt haben. Die UN soll um den Status der drei gewusst haben.
Trotzdem wurden sie von der türkischen Regierung und der Polizei des
Landes in den Iran abgeschoben und stehen nun auf der Liste der zu
vollstreckenden Hinrichtungen der Islamischen Republik. Mittlerweile
wurde das Todesurteil dieser drei Personen vor dem Berufungsgericht und
dem Obersten
Gerichtshof bestätigt, was bedeutet, dass die Islamische Republik diesen
jungen Menschen jederzeit morgens vor Tagesanbruch ein Seil um ihren
Hals legen und sie hängen kann. Und das nur, weil sie gegen den Anstieg
der Benzinpreise
protestiert haben.

Sie waren nicht einmal politische Aktivisten und hatten keine Verbindung
zu einer Organisation oder Partei. Das Urteil wurde verhängt, weil sie
Brot und Arbeit gefordert haben. Von Menschenrechtsorganisationen und
-institutionen wie der UN kann man angesichts der Berichte über ihre
unterlassene Hilfeleistung nichts mehr erwarten. Es bleibt nur die
Frage, wie das Leben dieser jungen Menschen gerettet werden kann. Die
Regierung des Iran will ihnen buchstäblich den Boden unter den Füßen
wegziehen, und das nur, um ihre Macht zu demonstrieren und die
Gesellschaft einzuschüchtern.
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